Vol. 08 — 18. November bis 17. Dezember 2023 (Verlängert bis 22. Dezember 2023)

Le Bureau x Harry Hachmeister
Große Kanne, kleine Kanne

Eröffnungswochenende zur Art Cologne:
Samstag 18. November, 11:00–18:00 Uhr
Sonntag 19. November, 12:00–17:00 Uhr

„Wir werden die Welt schon in Ordnung bringen! Wir sind ja schließlich keine Menschen!“

Erich Kästner, Die Konferenz der Tiere, 1949

„Bitte hier entlang“, sagt der Cocker Spaniel zum Schnauzer. Die Treppe hoch, vorbei am Mitarbeiter des Monats (Puppy of the Day, 2018), geht es in den ersten Stock des Bürogebäudes. Ein Ganzkörperportrait zeigt den Boss in gewohnt souveräner Manier (Guter Junge, 2021). „Nehmen Sie doch bitte noch etwas im Wartebereich Platz.“ Der Schnauzer vermeidet jede Art von Blickkontakt und wirkt sichtlich angespannt. Etwas unbeholfen setzt er sich auf die Ledercouch. Zwei Wolken (2021) beäugen ihn von gegenüber. Er räuspert sich. „Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?“, fragt der Cocker Spaniel schwanzwedelnd auf dem Treppenabsatz. Der Schnauzer schüttelt den Kopf und nuschelt „Nein danke“ in seinen Bart.

Ein Rauhaardackel und ein Terrier kommen um die Ecke gebogen, ins Gespräch vertieft verschwinden sie im Besprechungszimmer, wo die große Kanne und die kleine Kanne schon Platz genommen haben (Große Kanne, Kleine Kanne, 2016). Die Tür schließt sich.

Der Schnauzer blickt aus dem Fenster, auf die Betonfassade, sich in arkadische Gefilde träumend. Er denkt an die Katze mit dem roten Fell aus seinem letzten Griechenlandurlaub (Irene, 2021), und an Hermann (2023), den Kater mit dem Schnauzbart. Der Gedanke irritiert und erregt ihn gleichermaßen. Er schüttelt sich. Gerade, als er nervös in seiner Aktentasche nach den Streichhölzern sucht, um sich eine Zigarette anzustecken, öffnet sich die Tür zum Vorzimmer und ein Spitz steckt die Schnauze durch den Türspalt. „Der Boss erwartet Sie.“

In seiner Einzelausstellung im Le Bureau präsentiert Harry Hachmeister (*1979 in Leipzig, lebt in Berlin) neue sowie frühe Werke. Ausgehend vom Selbstportrait arbeitet er zwischen Fotografie, Zeichnung, Malerei und Keramik, die er in oft raumgreifenden, den häuslichen oder urbanen Raum zitierenden Gesamtinstallationen zu offenen Erzählungen zusammenbringt, darunter Fitnessstudios, Baustellen oder wie hier das vorgefundene Bürohaus. Mit viel Witz und Spiel entstehen Hachmeisters Arbeiten aus der Beschäftigung mit Körpern (menschlichen, tierischen, pflanzlichen) und deren Zuschreibungen, materialisiert als ambivalente Zwischenstadien.

Miriam Bettin

Mehr zu Harry Hachmeister:
harryhachmeister.com

Die Zärtlichkeit, 2023, glasierte Keramik, 43 x 23 x 17 cm © Harry Hachmeister